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Lernumgebung "Öffentliche Einrichtungen"

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Gornig/Jahn, JuS 1992, 857

Stadtrundgang Saarheim

Bayreuth

Fall 9

Problembereiche:

Begriff und Entstehung kommunaler öffentlicher Einrichtungen – Anspruch auf Zugang zu kommunalen öffentlichen Einrichtungen (Anspruchsgrundlagen; Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses; “Zweistufentheorie”) – Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete – Anspruchsinhalt und Anspruchsgrenzen – Haftungsübernahme durch Antragsteller – Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Sachverhalt:

Die NPD beabsichtigt, in der der Stadt M gehörenden und von ihr betriebenen Festhalle am 15.9.1993 einen Bundeskongreß zu veranstalten. Sie beantragte im März 1993, ihr die Halle hierfür zu vermieten. Obwohl die Halle bereits mehrfach anderen Parteien zur Verfügung gestellt worden war, lehnte der Hauptverwaltungsbeamte dies mit Bescheid sowie mit Widerspruchsbescheid ab und führte unter anderem aus, es sei wegen der angekündigten Gegendemonstrationen mit Ausschreitungen zu rechnen. Daraufhin beantragt die NPD beim Verwaltungsgericht, die Stadt M durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, mit der NPD einen Vertrag über die Miete der Festhalle am 15.9.1993 von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr abzuschließen, notfalls gegen Leistung einer Sicherheit von 100.000 DM.

Wie wird das Gericht entscheiden?

Abwandlung 1:

Die Stadthalle wird von einer stadteigenen GmbH betrieben. Welche Gerichtsbarkeit muß die Partei anrufen, wenn sie die GmbH auf Abschluß eines Benutzungsvertrages verklagen will?

Abwandlung 2:

Die Stadthalle wird von einer stadteigenen GmbH betrieben. A verklagt die Stadt auf Zugang zur Stadthalle. Ist die Klage zulässig und begründet?

Hinweise zur Vertiefung:

Der Fall ist gebildet in Anlehnung an OVG Lüneburg, NJW 1985, 2347 ff. Vgl. auch VGH Bad.-Württ., DÖV 1991, 805 f.; NVwZ 1994, 587, und Hess. VGH, NJW 1993, 2331 f. Speziell zur Zulässigkeit der Abstufung der Leistungsgewährung an Parteien entsprechend dem Grad ihrer Bedeutung vgl. BVerwG, NVwZ 1992, 263 f. Zur Rechtswidrigkeit einer Auflage, die von einer politischen Partei verlangt, Werbemaßnahmen für die von ihr beabsichtigte Veranstaltung zu unterlassen, VGH Bad.-Württ., DVBl. 1995, 302 f. Zur (nachträglichen) Begrenzung des Widmungszwecks einer öffentlichen Einrichtung sowie zur Existenz eines Benutzungsanspruchs aus Art. 8 GG vgl. BVerwG, NJW 1993, 609 f. mit Anm. Schlink, sowie die Rezension von Burgi, DÖV 1993, 633 ff. (Fall “Bonner Hofgartenwiese”).

Allgemein zum Anspruch auf Benutzung kommunaler öffentlicher Einrichtungen: Püttner/Lingemann, JA 1984, 121 ff., 274 ff.; Erichsen, Jura 1986, 148 ff., 196 ff.; v. Danwitz, JuS 1995, 1 ff. Speziell zum Zulassungsrecht politischer Parteien vgl. Zundel, JuS 1991, 472 ff. Fallbearbeitungen zur Thematik liefern Gornig/Jahn, JuS 1992, 857 ff.; Schoch, Übungen im Öffentlichen Recht II, 1992, S. 329 ff., und Erichsen/Frenz, Jura 1996, 213 ff.

Zur einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO vgl. Erichsen, Jura 1984, 644 ff.; Huba, JuS 1990, 983 ff.

Zur Abwandlung 1 vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 59.

Zur Abwandlung 2 vgl. BVerwG, NJW 1990, 134 f.

Fall 10

Problembereiche:

Anspruch auf Zugang zu kommunalen öffentlichen Einrichtungen (kommunalrechtliche, gewerberechtliche und grundrechtliche Anspruchsgrundlagen) – Qualifizierung des gewerberechtlichen Zulassungsanspruchs – Rechtsnatur der Festsetzung – Kriterien bei der Bewerberauswahl – Erfordernis einer rechtssatzmäßigen Präzisierung der Vergabekriterien – Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Gemeinde und Teilnehmer – Einflußmöglichkeiten von Festsetzungsbehörde und Veranstalter auf das Angebot der Schausteller – Zulässigkeit und Begründetheit einer Fortsetzungsfeststellungsklage.

Sachverhalt:

In der in Nordrhein-Westfalen gelegenen kreisfreien Stadt X findet alljährlich Anfang August eine Kirmes statt. Die Stadt vergibt die Standplätze auf der Festwiese an Schausteller mit Fahrgeschäften sowie an Betreiber mit Verkaufsständen und Betreiber von Gaststätten. Dabei werden zwischen X und den Bewerbern, die einen Platz erhalten haben, “Mietverträge” abgeschlossen, in denen sich X gegen Zahlung eines Entgelts zur Überlassung des Platzes für den vereinbarten Zeitraum verpflichtet.

Zum Beginn des Jahres 1992 beantragt auch A bei der Stadt X die Zulassung zum Kirmesfest und die Zuweisung eines Standplatzes für einen Karusselbetrieb. Die Stadt lehnt den Antrag des A Ende Juli mit dem Hinweis darauf ab, der Platzmangel auf der Wiese mache es unmöglich, alle eingegangenen Bewerbungen zu berücksichtigen. Man habe daher nur solche Bewerber positiv bescheiden können, die bereits in den vergangenen Jahren an der Kirmes teilgenommen und sich hinreichend bewährt hätten. Da dies bei A nicht der Fall sei, könne ihm kein Platz zugewiesen werden. Zwei Monate nach Ablauf der Kirmes erhebt A Klage gegen X vor dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, festzustellen, daß der ablehnende Bescheid der Stadt X rechtswidrig war.

Wird die Klage des A erfolgreich sein?

Kann die Stadt X erreichen, daß auf der Kirmes weder Kriegsspielzeug noch Kriegsspielgeräte aufgestellt und angeboten werden?

Hinweise zur Vertiefung:

Fall 10 ist gebildet in Anlehnung an BVerwG, GewArch 1984, 265 f. Zu weiteren ähnlichen Fallgestaltungen vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Schalt, GewArch 1991, 409 ff. Neuerdings BayVGH, NVwZ 1999, 1122 ff.

Zum Anspruch auf Benutzung kommunaler öffentlicher Einrichtungen allgemein vgl. die Hinweise zu Fall 9. Zum gewerberechtlichen Zulassungsanspruch nach § 70 GewO vgl. Ehlers, Wirtschaftsaufsicht, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. I, 1990, Rdn. 238-252 (Neuauflage voraussichtlich im Laufe des Sommers); dens., in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 1997, § 40 Rn. 232. Speziell mit der Zulassung ortsfremder Schausteller zu Volksfesten und Märkten beschäftigt sich (unter Einbeziehung auch des EG-Rechts) Fastenrath, NWVBl. 1992, 51 ff. Allgemein zur Bewerberauswahl der Gemeinden bei der Veranstaltung von Märkten und Volksfesten: Widera, VR 1986, 17 ff. Zur Haftung der Gemeinde bei fehlerhafter Bewerberauswahl vgl. OLG Hamm, NVwZ 1993, 506 ff.

Zur Streitfrage, ob sich auch Gewerbetreibende auf den kommunalrechtlichen Benutzungsanspruch berufen können, vgl. Ehlers, NWVBl. 1990, 80 (81 f.) m.w.Nachw.

Zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl. Rozek, JuS 1995, 598 ff., 697 ff. (JuS-Grundfallreihe).

Zur Frage der Einflußmöglichkeiten von Festsetzungsbehörde und Veranstalter auf das Angebot der Schausteller vgl. die Abhandlung von Gröschner, NJW 1983, 2178 ff.

Fall 11

Problembereiche:

Ausschluß aus einer kommunalen öffentlichen Einrichtung – Annexkompetenz und VA-Befugnis

Sachverhalt:

B war Mitglied eines gemischten Chors der Musikschule der Stadt F. B war schon mehrmals durch Störungen während der Chorstunden aufgefallen. Am 19.8.1995 hat B eine Rede halten wollen und Papiere verteilt. Im Verlaufe des nächsten Monats kündigten mehrere Mitglieder des Chores ihr Ausscheiden an, falls B im Chor bleibe; andere bekräftigten, daß ihre Mitarbeit durch das Verhalten der B empfindlich gestört werde. Der Hauptverwaltungsbeamte der Stadt F verfügte nach Anhörung der B mit Bescheid vom 12.11.1995 den Ausschluß aus dem Chor. Er begründete dies mit Spannungen, die den Chor in seinem Bestand gefährdeten. B ist empört und erwägt gerichtliche Schritte.Hätte eine verwaltungsgerichtliche Klage nach erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahren Aussicht auf Erfolg?

Hinweise zur Vertiefung:

Der Fall ist gebildet in Anlehnung an OVG NW, NVwZ 1995, 814.

Zur Annexkompetenz vgl. OVG NW, NWVBl. 1989, 91; OVG NW, NVwZ-RR 1994, 642. Allgemein zu ungeschriebenen Kompetenzen Ehlers, Jura 2000, Heft 6.

Zur sog. Anstaltsgewalt bei der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung s. VGH BW, NVwZ-RR 1994, 317 ff.

Fall 12

Problembereiche:

Anschluß- und Benutzungszwang im Kommunalrecht – Vereinbarkeit des § 9 NWGO mit höherrangigem Recht – Voraussetzungen für den Anschluß- und Benutzungszwang – Befreiung von Zwang im Einzelfall – Anschluß- und Benutzungszwang zugunsten privater Träger – Freiheit der Formenwahl bei Gestaltung der Nutzungsverhältnisse – Anschluß- und Benutzungszwang zulasten anderer Träger öffentlicher Verwaltung.

Sachverhalt:

Landwirt A hat bisher sein Wasser aus seinem eigenen Brunnen bezogen. Durch Bescheid teilte die Stadt X dem A mit, daß das Grundstück des A an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen werden müsse. Außerdem sei A gezwungen, die öffentliche Wasserversorgungsanlage zu benutzen. Eine Befreiung wegen unzumutbarer Härte komme nicht in Betracht. A möchte sich mit diesem Bescheid nicht zufriedengeben. Er möchte zumindest das zum Tränken des Viehbestandes und zum Sprengen des Gartens benötigte Wasser weiterhin aus seinem Brunnen beziehen dürfen. Er bittet deshalb um die Erstattung eines Rechtsgutachtens.

Zusatzfragen:

Darf das Wasserversorgungsunternehmen der Stadt X mit den Kunden privatrechtliche Verträge abschließen? Darf die Wasserversorgungsanlage durch einen Privaten betrieben werden? Gilt der Anschluß- und Benutzungszwang auch im Verhältnis zu Bundesbehörden? Könnten diese zur Stillegung eines eigenen Brunnens gezwungen werden? Dürfte eine Stillegung zwangsweise durchgesetzt werden?

Hinweise zur Vertiefung:

Fall 12 ist gebildet in Anlehnung an BVerwG, NVwZ 1986, 754 ff. Zum Verhältnis der kommunalrechtlichen Vorschriften über den Anschluß- und Benutzungszwang zur Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.6.1980 (BGBl. I, S. 750 ff.) vgl. auch BVerwG, NVwZ 1986, 483; 1988, 1126 f.; BayVGH, NVwZ-RR 1992, 156 f. Zur Verfassungsmäßigkeit der AVBWasserV vgl. BVerfG, NVwZ 1982, 306 ff. (mit abl. Bespr. Stober, S. 294 ff.).

Allgemein zum Anschluß- und Benutzungszwang: Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 253 ff.; Pappermann, VR 1981, 145 ff. Zur gerichtlichen Kontrolldichte bei Feststellung des (dringenden) öffentlichen Bedürfnisses als Voraussetzung des Anschluß- und Benutzungszwangs vgl. OVG Nds., DÖV 1991, 610 f.; OVG NW, NVwZ 1987, 727 ff. Zur Vereinbarkeit des Anschluß- und Benutzungszwangs mit Art. 14 GG vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1990, 96.

Zur Zulässigkeit einer Liefersperre bei Nichtzahlung fälliger Gebühren in einem öffentlich-rechtlich geregelten Versorgungsverhältnis mit Anschluß- und Benutzungszwang vgl. OVG NW, NWVBl. 1992, 361 f.

Zum Anschluß- und Benutzungszwang zugunsten öffentlicher Einrichtungen in privater Trägerschaft sowie zur privatrechtlichen Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse vgl. den Überblick bei Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 259 ff. m.w.Nachw.

Zur Einbeziehung von Grundstücken anderer Träger öffentlicher Verwaltung in den Anschluß- und Benutzungszwang vgl. BVerwGE 27, 225 ff.; BayVGH, DÖV 1990, 157 f. (jew. i.H. auf Grundstücke der früheren Deutschen Bundesbahn).

Fall 13

Problembereiche:

Haftung der Gemeinde bei der Nutzung öffentlicher Einrichtungen durch den Bürger – privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Haftung der Gemeinde (vertragliche und deliktische Haftung; Haftung aus verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis und Amtshaftung; Gefährdungshaftung) – Beschränkung der (öffentlich-rechtlichen) Haftung durch kommunale Satzung.

Sachverhalt:

Landwirt B, der sein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezieht, erleidet aufgrund einer Verschmutzung des Leitungswassers einen Schaden an seinem Viehbestand. Satzungsgemäß ist die Haftung der Gemeinde auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. B möchte wissen, ob er einen Schadensersatzanspruch an die Gemeinde hat.

Hinweise zur Vertiefung:

Zur Haftungsbeschränkung bei der Nutzung öffentlicher Einrichtungen vgl. die Leitentscheidung BGHZ 61, 7 ff.; a.A. BayVGH, DVBl. 1985, 903 f. Ferner Reiter, BayVBl. 1990, 711 ff.; Erichsen, Kommunalrecht NW, S. 261 ff. Beachte auch stets etwaige spezielle Haftungsbestimmungen (z.B. § 6 AVBWasserV, BGBl. I 1980, 750 ff.).

Zur Frage einer “geltungserhaltenden Reduktion” unzulässiger Haftungsbeschränkungen in kommunalen Satzungen vgl. Heintzen, NVwZ 1992, 857 ff.

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